
Stell dir einmal vor, du wärst Regisseur und müsstest einen Film einteilen in Gewinner und Verlierer
Welche Rolle hast du dir zugewiesen?
Deine Drehbücher führen dich in bestimmte Richtungen. Du kannst im Leben zum Gewinner werden oder zum Verlierer
Gewinner-Drehbuch
Jemand, der sein erklärtes Ziel erreicht. Zum Gewinnen gehört auch, dass das erklärte Ziel angenehm, glatt und glücklich erreicht wird. Wenn jemand als Kind beschließt, ein großer Menschenführer zu werden und schließlich General oder Politiker wird, der ein erfülltes Leben führt und von seinem Volk geschätzt wird, fühlt sich seine Seele als Gewinner. Hat sich einer finanzielle Unabhängigkeit oder Reichtum zum Ziel gesetzt, dann ist er ein Gewinner, wenn er ein glücklicher, umgänglicher, vermögender Mensch ist.
Und wenn jemand beschließt, ein Einsiedler ohne jede Habe zu werden und als solcher glücklich in einer Hütte haust, ist er ein Gewinner.
Verlierer-Drehbuch
Im Gegensatz zum Gewinner ist ein Verlierer jemand, der ein erklärtes Ziel nicht erreicht. Wiederum ist es nicht die Leistung oder sonst etwas, worauf es ankommt, sondern das Ausmaß des Behagens, welches damit verbunden ist. Wenn man beschließt, ein großer Menschenführer zu werden, dann aber als Soldat schließlich unehrenhaft entlassen wird, ist man ein Verlierer. Wessen politische Laufbahn in einem Skandal endet, über den das Amt verloren geht, ist ein Verlierer. Wenn du beschließt, Millionär zu werden und wie ein Einsiedler ohne jede Habe endest, dann bist du ein Verlierer. Man ist auch ein Verlierer, wenn man beschließt Millionär zu werden und das auch schafft, sich dann aber ewig unwohl fühlt, weil man ein Magengeschwür hat wegen des Druckes, der auf einem lastet. Die Seele wird sich nie mit diesem Menschen in der Mitte fühlen.
Auch wenn ein Einsiedler in seine Unterkunft zieht, dann zu jammern anfängt, dass diese so feucht ist und er so arm, dann ist er ein Verlierer.
Manchmal beschließen Menschen in ihrer Kindheit, Ziele zu verfolgen, die ohne Not, Einschränkungen und sogar körperliche Verletzungen nicht erreicht werden können. Ein Kleinkind: „Alles war ich anfasse, geht schief, da kann ich nichts dran machen“. Beim Versuch, sein erklärtes Ziel zu erreichen, wird es immer wieder versagen. Dies wird regelrecht zum einem Glaubenssatz, der einem das ganze Leben begleitet.
Nicht-Gewinner-Drehbuch
Das ist jemand, der sich in der Mitte hält. Er lebt von einem Tag auf den anderen hin, kassiert keine großen Gewinne und macht keine großen Verluste. Er nimmt keine Risiken auf sich. Das wird oft als banal bezeichnet. Am Arbeitsplatz wird der Nicht-Gewinner zwar niemals Chef, aber er wird auch nicht entlassen. Wahrscheinlich sitzt er seine Zeit ab, bekommt zum Schluss seine goldene Uhr und das war´s dann. Er grübelt wahrscheinlich vor sich hin: „Ich hätte aufsteigen können, wenn ich nur zur rechten Zeit am rechten Platz gewesen wäre. Aber – naja, so schlecht war es auch wieder nicht“. Man könnte den Nicht-Gewinner auch als Zuschauer des Lebens bezeichnen
Du kannst den Gewinner vom Verlierer unterscheiden, indem du ihm die Frage stellst: „Was würdest du tun, wenn du verlieren würdest?“ Ein Gewinner weiß es, redet aber nicht drüber. Ein Verlierer weiß es nicht und kann nur über das Gewinnen reden.
„Wenn ich erst mal meine Millionen zusammen habe..“, oder „Wenn ich erst mal aufgestiegen bin..“ Er setzt alles auf eine Karte und verliert auch alles. Ein Gewinner verfügt ständig über weitere Alternativen und so gewinnt er auch. Ein Nicht-Gewinner gewinnt manchmal und verliert manchmal, aber nie sehr viel in der einen oder anderen Richtung.
Was ich noch sagen möchte...
Als Kind haben wir uns häufig mit Märchenfiguren identifiziert, und als Erwachsene verfolgen wir den Weg dieser Prägungsfiguren, um schließlich – glücklich bis ans Lebensende in einem Schloss zu leben, in glücklicher Liebe, ohne Streit und mit viel Frieden...(rosa Sauce).
Nur stimmt das ganze leider nicht. Unserer Märchen binden den Kindern einen mächtigen Bären auf. Sie bringen uns bei: Wenn du willst, dass dir etwas Gutes begegnet, dann musst du erst genügend lange oder in genügendem Maß Opfer sein, um das auch zu verdienen.
Einige Beispiele – nicht ganz ernst gemeint:
Wolltest du etwa einen Prinzen heiraten, dann hast du einige interessante Möglichkeiten zur Auswahl. Du kannst fleißig arbeiten, leiden, in der Asche sitzen und weinen und dann so lange warten, bis die gute Fee kommt und dich zum Tanzen schickt. Oder du kannst einen vergifteten Apfel essen oder deinen Finger mit der vergifteten Spindel stechen und dann warten, bis so ein Prinz daherkommt, der einen Narren daran gefressen hat, tote Frauen zu küssen. Oder du lässt Dich in einen Turm sperren, lässt deine Haare wachsen und wartest bis jemand des Weges kommt, der sich darauf versteift hat, eingesperrte Frauen aufzuspüren. Du kannst dich auch daran machen, mit Fröschen zu schmusen oder ausprobieren, wie man diese Viecher in Prinzen verwandelt. Wenn du einen Prinzen heiraten willst, hast du nicht minder attraktive Möglichkeiten. Du kannst dich darin üben, tote Frauen zu küssen oder sich nach Frauen umsehen, die man weggesperrt hat. Oder versuchen Frauen zu finden, die dir weglaufen oder sich abscheulich und froschhaft aufführen.
Natürlich haben Märchen für unsere Kinder auch etwas Positives. Das liegt vor allen Dingen daran, dass sie ihnen das Gefühl geben, sie hätten Macht über ihr Leben und könnten es bestimmen, vor allem in einer Zeit, in der sie sich als ohnmächtig erleben. Aber der Haken dabei ist, dass die angebotenen magischen Lösungen nicht immer funktionieren. Doch eine Geschichte gibt dem Kind wenigstens die Möglichkeit, in einer Situation zu überleben, die ohne Magie hoffnungslos aussehen könnte.
Übrigens:
Hast du dich in diesem nicht ganz ernst gemeinten Abschnitt irgendwie wiedererkannt. Oder sind dir Menschen begegnet, die du da irgendwie einordnen würdest?
Ich habe viele Menschen kennengelernt, deren Lebensmuster der oben erzählten Geschichten ähnlich sind. So einige Prinzen haben oft Erfolg gehabt, schlafende Prinzessinnen zu finden.
Aus dem Buch "Der Zauberspiegel" von Jürgen Wolf
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